Jeder hat eine Chance!

Jeder hat eine Chance!

Im Ausland ist der Ausdruck «German Angst» inzwischen zu einem Topos geworden: Der Deutsche als Angsthase; und das nicht nur zu Ostern! Die Gallier hatten Angst, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt, die Deutschen haben Angst vor…? Ja, wovor eigentlich? Dass Putin Deutschland mit Nuklearwaffen angreift? Im Folgenden wollen wir darlegen, dass diese Ängste unbegründet sind, denn erstens wird sich der finstere Kremlherr dies nicht trauen, und zweitens wissen wir im Wertewesten, für welche Werte wir stehen – der Russe NICHT!

Mit dem letzten Satz soll nicht gesagt sein, dass eine feste Überzeugung ALLEIN vor den Wirkungen nuklearer Waffen schützt, aber eine Überzeugung, wie wir sie in Form unserer westlichen Wertevorstellungen besitzen, ist ein solides Fundament, auf dem alles andere aufbaut – namentlich unsere unüberwindliche Widerstandskraft gegen den Russen. Wenn dazu noch Zivilschutzvorbereitungen kommen, wie sie im Folgenden aufgeführt werden, dann kann sich der Iwan warm anziehen – einen zweiten 8. Mai 1945 wird es mit uns NICHT geben!

Solide Volksaufklärung

Was die Wirkungen von Nuklearwaffen und den Schutz davor betrifft, so hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz dankenswerterweise bereits in den frühen 1960er-Jahren vorbildliche Pionierarbeit geleistet und an alle deutschen Haushalte eine Broschüre mit dem Titel «Jeder hat eine Chance» verteilt. Im Folgenden wollen wir auszugsweise die wertvollen Hinweise aus dieser Publikation der Bevölkerung wieder ins Bewusstsein heben – es gilt, bereit zu sein, wenn der Russe kommt!

Waffen gab es schon immer

Zunächst einmal ist festzustellen, dass Nuklearwaffen Waffen sind wie jede andere auch. Nur etwas stärker. Fürchtete sich der Steinzeitmensch vor Beschuss mit Steinschleudern, so fürchtet sich der moderne Mensch geradezu panisch vor Atomwaffen und deren Wirkungen. Aber was ist das denn überhaupt, eine Atomwaffe? Da stelle ma uns mal janz dumm. Atome gibt es überall, selbst der Mensch besteht aus ihnen. In der Regel ist das auch völlig unproblematisch. Unangenehm wird es erst, wenn ein Mensch beispielsweise in einem Kfz mit 120 km/h ungebremst in eine Betonmauer knallt. Der Volksmund meint dazu: «Den hat’s zerlegt». Genau darum geht es populärwissenschaftlich ausgedrückt bei der Atomspaltung.

Es scheppert

Das macht sich das Militär zunutze, indem es Bomben mit Atomen füllt und die dann aus Flugzeugen auf die Köpfe der Bevölkerung schmeisst. Dann zerlegen sich die Atome. Und dass es dann ganz schön rumst, davon kann der Japaner noch heute ein melancholisches Lied singen. Aber so, wie sich der Neandertaler vor geschleuderten Steinen schützen konnte, indem er hinter Felsbrocken Deckung suchte, so können wir das auch gegen Atomraketen und -bomben. Dass der Japaner das noch nicht wusste, ist bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern. Wir hingegen wissen, wo’s langgeht. Auch bei diesem neumodischen Atomzeug.

Was passiert bei einer Atomexplosion?

Nuklearwaffen können in Form von Bomben, Raketen und Artilleriegeschossen gegen den Feind eingesetzt werde. Unabhängig von der Trägerwaffe geschieht dabei immer dasselbe; wir zitieren aus der Broschüre des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Bad Godesberg: «Wenn eine Atom- oder Wasserstoffbombe explodiert, entsteht ein greller Lichtblitz und anschliessend ein grosser Feuerball. Beide leuchten weitaus heller als die Sonne. Durch die Explosionen werden gleichzeitig Tausende von Tonnen Erde und Schutt als Staub in die Luft geschleudert und bilden einen Wolkenpilz.» (Merkwort: ‹Welcher Vollpfosten hat das Licht ausgemacht?›) Die gefährlichen Wirkungen der Explosionen sind die Hitzestrahlung, die Druck- und Sogwelle sowie die radioaktive Strahlung. (Merkwort: ‹Blitz, pust, saug, strahl!›) Gegen den Lichtblitz schützen wir uns durch Schliessen der Augen, vor der kurzfristigen Hitzestrahlung schützen Mauervorsprünge sowie eine passende Kleidung – helle Baumwollstoffe sind zu bevorzugen. «Auf die Hitzestrahlung folgt die Druckwelle. Sie bewirkt zunächst einen Luftstoss, sodann einen Luftsog und breitet sich mit grosser Geschwindigkeit aus.» (Merkwort: ‹Ganz schön windig heute!›)

Alles halb so schlimm

«Da der menschliche Körper gegen Überdruck recht widerstandsfähig ist, entstehen unmittelbare Druckverletzungen nur im näheren Umkreis der Explosion.» (Merkwort: ‹Wenn’s weiter nix is’!›) Auf die Druckwelle folgt die Sogwelle, die in umgekehrter Richtung verläuft. Für uns als Wohnungsmieter bedeutet das, dass Tische, Stühle, Schrankwände, Haushaltsgeräte, Stereoanlagen und sonstiger Trödel, der durch die Druckwelle aus den Fenstern geflogen ist (Merkwort: ‹Hau weg den Scheiss!›), durch die Sogwelle wie durch Zauberhand wieder zurückkommt. Physiker zerbrechen sich weltweit die Köpfe darüber, woher die einzelnen Gegenstände wissen, wo ihre gewohnten Stellplätze waren und wie sie diese punktgenau wieder auffinden. Was zum Problem werden kann, ist die radioaktive Strahlung, die je nach Grösse der Sprengladung länger oder kürzer andauern kann. Darum bleiben wir einfach mal länger zu Hause, schliessen, soweit noch vorhanden, Fenster und Türen, fehlende Fensterscheiben ersetzen wir durch Teerpappe. (Merkwort: ‹My home is my bunker›!)

Volle Deckung!

Es ist die Aufgabe jedes Hausbesitzers, Schutzräume zu bauen. Häufig genügen bereits Behelfskonstruktionen (Merkwort: ‹Lieber ‘ne Bretterbude als gar kein Dach überm Kopf!›): «Einzelne Personen können auch unter einem Schrägdach behelfsmässigen Unterschlupf finden. Man sucht eine Ecke im Keller zwischen festen Wänden aus, lehnt dort eine schräge Fläche aus Bohlen oder sonstigem widerstandsfähigem Material an und verankert sie fest an Wänden und Boden. Abstand unten von der Wand etwa 1,20 m, Höhe an der Wand etwa 1,50 m.»

Selbst ist der Mann

Wer handwerklich begabt ist, kann sich eine Nissenhütte bauen; Baupläne dazu sind im Internet verfügbar. Zusätzlich empfiehlt es sich, im Gartenbereich sogenannte Deckungsgräben (für mehrere Personen) sowie Deckungslöcher (für eine bis zwei Personen) anzulegen. Die genauen Abmessungen sind der Broschüre zu entnehmen. Damit uns die Zeit im Schutzraum nicht lang wird, haben wir seit Generationen beliebte Gesellschaftsspiele wie «Spitz pass auf!», «Fang das Hütchen!» sowie Skatkarten im Vorrat. Für ein stimmungsvolles Ambiente sorgen Hindenburglichter, die wir säckeweise bei IKEA gekauft haben. Weitere Ausrüstung der Schutzräume: «Behelfsmässige Krankentragen, Bergungstücher; Notabort (Eimer mit Deckel, Torfmull); Geräte zur Selbstbefreiung, wie Spaten, Beil, Brechstange, Stemmeisen, schwerer Hammer und Kreuzhacke.» (Merkwort: ‹Wär doch gelacht, wenn wir hier nicht wieder rauskämen!)

Schutzkleidung tragen

Die Broschüre enthält auch detaillierte Informationen in Bezug auf die Schutzausrüstung eines jeden Bürgers: «Als persönliche Ausrüstung empfiehlt sich feste Kleidung mit Kopfbedeckung und derben Schuhen, Schutzhelm, Schutzmaske, Rauchschutzbrille, Fausthandschuhe, Taschenlampe und Verbandpäckchen.» Im Rundfunk wird in Sondermeldungen angeordnet, ab wann und wie lange diese Kleidung zu tragen ist. Fällt der Rundfunk aus, ist die Ausrüstung unbefristet zu tragen. ABC-Schutzplanen, wie sie ein jeder Reservist aus seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr kennt, vervollständigen diese Notausrüstung und schützen vor radioaktivem Niederschlag. Wenn eine solche Plane nicht zur Verfügung steht, reicht es gegebenenfalls auch, wenn wir im Badezimmer den Duschvorhang von der Stange reissen und uns darin einwickeln. (Merkwort: ‹Kohlroulade›)

Überraschungsangriffen nicht schutzlos ausgeliefert

In der Regel ist die Zivilbevölkerung auf Nuklearangriffe bestens vorbereitet. Heutzutage lassen Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen sowie die sozialen Medien keine Gelegenheit aus, die Bevölkerung auf Krieg vorzubereiten (Merkwort: ‹Die Friedens-DNA überschreiben›). Auch im Bundestag wird darauf hingewiesen, dass es «jeden Moment losgehen» könne. Wird man trotzdem im Freien von einem Atomangriff überrascht, gelten folgende Verhaltensregeln: «Deckung nehmen, nicht weiterlaufen. Von der Lichterscheinung abwenden und die Augen schliessen! Wenn keine Deckung in unmittelbarer Nähe vorhanden, sich flach auf den Boden legen! Augen schliessen, Gesicht und Hände verbergen.» (Merkwort: ‹Häschen in der Grube.›) «Liegenbleiben, bis Hitzestrahlung und Luftdruck merklich nachlassen, dann Schutzraum, Keller oder Deckungsgraben/Deckungsloch aufsuchen.»

Der deutsche Beamte – nicht totzukriegen

Wenn wir uns nirgends unterstellen können, hilft es bereits, wenn wir uns eine ALDI-Plastiktüte oder handelsübliche Aktentasche über den Kopf stülpen bzw. halten. Und hier ist der deutsche Studienrat eindeutig im Vorteil, denn er ist immer mit einer Aktentasche voller Klassenarbeitshefte unterwegs (ob korrigiert oder unkorrigiert, ist in unserem Zusammenhang völlig belanglos). Trägt er auch noch Tag und Nacht eine Gletscherbrille, helle Baumwollkleidung sowie einen Tropenhelm, wie in einem kultusministeriellen Erlass angeordnet werden sollte, können ihm weder der atomare Lichtblitz noch die Hitzewelle etwas anhaben. Zumindest diejenigen, die in früheren Zeiten als Klassenprimus unterwegs waren, dürfte diese Nachricht hoch erfreuen. Andere fühlen sich dabei eventuell an unselige Zeiten erinnert: «Peters: SECHS!! Setzen!!»

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